
Forschung
Wissenschaftler des Instituts für Mikrobiologie befassen sich mit der grundlegenden Frage, wie sich multizelluläre Organismen gegen Infektionen schützen. Im Fokus des Interesses steht dabei die Entwicklung des evolutionär alten, angeborenen Immunsystems und die Rolle der Mikrobiota für Immunsystem-Fitness. In den letzten Jahren hat die Forschung des Instituts neue Paradigmen für eine Rolle des Immunsystems bei der Regenerations des Darmepithels und bei der Organhomöostase zu Tage gefördert. Solche neuen Einsichten haben unser Denken über die Rolle des Immunsystems verändert und neue Wege für die Therapie von Infektionen und entzündlichen Erkrankungen aufgezeigt.
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Die Forschungsschwerpunkte des Instituts
Wir, die Wissenschaftler des Instituts für Mikrobiologie lokalisiert am Campus Benjamin Franklin und am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (Labor Entwicklung des Immunsystems und Mukosale Immunologie), wollen ein tieferes Verständnis von der Ko-Evolution des Menschen mit den ihn besiedelnden Mikroorganismen (das sogenannte Mikrobiom) erlangen. Einerseits wollen wir die Mechanismen verstehen, die uns vor Infektionen mit Pathogenen schützen und wie die gelernten Prinzipien in der Therapie und/oder Prävention von Erkrankungen (z.B. durch Impfung auch gegen Tumoren, bei der Prävention von Erkrankungen des entzündlichen Formenkreises) angewandt werden können. Andererseits wollen wir grundlegende Erkenntnisse erlangen, welche physiologischen Vorgänge das Mikrobiom reguliert und wie Verschiebungen im Mikrobiom zu Krankheitsprozessen beitragen.
Epitheliale Grenzflächen mit der Umwelt sind einerseits Einfallstor für Pathogene und andererseits natürlicherweise dicht besiedelt von einer komplexen Ansammlung von Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten, dem sog. Mikrobiom. Mehrzellige Organismen leben seit Millionen von Jahren in steter Ko-Evolution mit diesen ubiquitären Komponenten ihrer Umwelt. Es wird vermutet, dass die dauernde Interaktion mit dem Mikrobiom zur Selektion robuster, adaptiver Signalnetzwerke geführt hat, die den Organismus gegen diese kontinuierliche Herausforderung schützen. Der Einfluss des Mikrobioms auf das gesunde Funktionieren und die Fitness von multizellulären Organismen reicht aber wesentlich weiter. Es ist weitgehend akzeptiert, dass das Mikrobiom einen grossen Einfluss auf die Kalibrierung des Immunsystems, metabolische und sogar neuronale Prozesse hat und auch für die Biologie des Alterns zentral ist. Wissenschaftler vom Institut für Mikrobiologie erforschen diese Zusammenhänge und haben wichtige Beiträge zur Rolle des Mikrobioms bei der Immunsystem-Fitness geleistet. So konnte gezeigt werden, dass die Schwelle für die Aktivierung des angeborenen Immunsystems in der Abwesenheit des allgegenwärtigen Mikrobioms (in sog. keimfreien Tieren) stark erhöht ist. Signale des Mikrobioms verändern den metabolischen Grundzustand des angeborenen Immunsystens und tragen zur epigenetischer Remodellierung des Reguloms von Immunzellen bei, die eine verbesserte Fitness des Immunsystems gegenüber Pathogenen ermöglichen.
Aktuelle Forschungsarbeiten beschäftigen sich auch mit der Aufklärung der molekularen Mechanismen, die an der Etablierung mikrobieller Gemeinschaften im Darm beteiligt sind und die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms entscheidend beeinflussen. Diese Arbeiten werden durch die Erforschung der Pathogenese intestinaler Entzündungsprozesse im Rahmen der Campylobacter-Enteritis - und der Reservoirfunktionen des Gastrointestinaltrakts für multiresistente Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa bei nosokomialen Infektionen ergänzt.
Im Bereich der angeborenen Immunität stehen vor allem die vor einigen Jahren entdeckten Innate Lymphoid Cells (ILC) im Mittelpunkt des Interesses. ILC sind eine Familie von Lymphozyten des angeborenen Immunsystems, die in Organen mit Grenzoberflächen zur Umwelt (Darm, Lunge, Haut) residieren. ILC und andere Komponenten des angeborenen Immunsystems sichern Grenzoberflächen zur Umwelt. In den letzten Jahren hat unsere Forschung neue Paradigmen für eine Rolle des Immunsystems bei Regenerationsvorgängen des Epithels und bei der Organhomöostase zu Tage gefördert. Vor allem Immunzellen, die in Geweben resident sind, produzieren nicht nur die üblichen Zytokine, die eine Immunabwehr koordinieren, sondern auch Wachstumsfaktoren, die Gewebereparatur, -umbau und -regeneration regulieren. Solch neue Paradigmen für unkonventionelle Rollen des Immunsystems bei der Organhomöostase exponieren neue therapeutische Wege für bisher schwer behandelbare Erkrankungen (wie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Allergien, etc.), die allesamt durch gestörte Adaptation an Komponenten der Umwelt gekennzeichnet sind.
Das Institut ist an bedeutenden Forschungsverbünden zum Thema Pathogenese intestinaler Infektionserreger (BMBF Nationales Forschungsnetz zoonotische Infektionskrankheiten), und zur Mikrobiota (SPP 1656 "Intestinal Microbiota") beteiligt. Der Direktor des Instituts ist der Empfänger eines der prestigiösen Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) und der Sprecher des DFG Schwerpunktprogramms 1937 "Innate Lymphoid Cells".